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Ein Growth Mindset ist (nicht) wichtig für eine förderliche Lernkultur

Die Lernkultur in Organisationen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Als ein zentraler Baustein einer förderlichen Lernkultur wird die Überzeugung angesehen, dass Personen sich weiterentwickeln können – auch bekannt als Growth Mindset. Während das Konzept in der Business-Welt bereits viel Aufmerksamkeit erhält, ist die Studienlage dazu noch überschaubar.

Lernkultur als Erfolgsfaktor in Organisationen

Organisationen beschäftigen sich zunehmend mit ihrer Lernkultur. Als ein Teil der Organisationskultur steht die Lernkultur für die Bedeutung, die eine Organisation dem Lernen beimisst (Kortsch et al., 2024). Und der Fokus darauf zahlt sich aus: Unternehmen, die eine förderliche Lernkultur aufweisen, haben eine um 57 Prozent gesteigerte Mitarbeitendenbindung (LinkedIn, 2024). Eine förderliche Lernkultur setzt sich aus verschiedenen Facetten zusammen, wie kontinuierliches Lernen oder die Unterstützung durch Führungskräfte und Systeme (für eine Übersicht siehe Foelsing & Schmitz, 2021). Als eine wichtige Grundhaltung wird dabei an vielen Stellen das Growth Mindset genannt, also die Überzeugung, dass Weiterentwicklung möglich ist, wenn man sich anstrengt und lernförderliche Verhaltensweisen zeigt (z. B. Foelsing & Schmitz, 2021). Der Begriff wurde ursprünglich von Carol Dweck geprägt und damit verbundene Verhaltensweisen sind: Lernen aus Fehlern, Feedback annehmen und Durchhaltevermögen zeigen (Han & Stieha, 2020). Spätestens der CEO von Microsoft, Satya Nadella, hat das Growth Mindset in der Business-Welt populär gemacht. Er setzt auf ein Growth Mindset als zentralen Pfeiler der Unternehmenskultur. Doch wie steht es um die empirische Evidenz? Ist ein Growth Mindset förderlich und lässt sich ein Growth Mindset entwickeln?

Empirische Befunde zum Growth Mindset in der Arbeitswelt

Der Großteil der bisherigen Forschung wurde mit Schüler:innen oder Student:innen durchgeführt. Trotzdem gibt es Befunde für die Arbeitswelt, die auf positive Effekte sowie die Förderbarkeit von Growth Mindsets hindeuten:

  • Mitarbeitende mit Growth Mindset zeigen eher Entrepreneurship, z. B. indem sie andere für neue Projekte begeistern oder Prozesse verbessern, sowie proaktives Lernverhalten, z. B. indem sie nach Feedback fragen und aktiv nach Lernmöglichkeiten suchen (Hendrikx et al., 2022). Personen mit Growth Mindset bieten Kolleg:innen und Mitarbeitenden eher Unterstützung an (Rogers et al., 2023; Wingen et al., 2024).
  • Führungskräfte mit Growth Mindset erkennen eher Leistungsveränderungen von Mitarbeitenden. Bei Führungskräften mit niedrigem Growth Mindset bleibt eine ursprünglich getroffene Einschätzung eher bestehen (Henslin et al., 2005).
  • Und ein Growth Mindset lässt sich auch aktiv fördern. Eine Meta-Analyse von Burnette et al. (2022) zeigt, dass Growth Mindset-Interventionen effektiv das Growth Mindset in verschiedenen Zielgruppen erhöhen können.

Trotz überschaubarer Studienlage deuten die bisherigen Befunde darauf hin, dass das Growth Mindset auf eine förderliche Lernkultur einzahlt. Hendrikx et al. (2022, S. 655) bringen es auf den Punkt: “If you want people and organizations to grow, then it is important to first genuinely see their potential for growth.”

 

Was können Organisationen tun, um ein Growth Mindset zu fördern? Die folgenden Maßnahmen können helfen (Han & Stieha, 2020):

  1. Schon im Recruiting bevorzugt Personen mit Growth Mindset einstellen
  2. Im Performance Management Formulierungen mit Fokus auf Growth Mindset nutzen und Führungskräfte über mögliche Verzerrungen durch ein geringes Growth Mindset aufklären
  3. Ein Growth Mindset bei Führungskräften und Mitarbeitenden durch Training und Coaching fördern

Wie ein Training zum Growth Mindset konkret aussehen kann, beschreiben z. B. Henslin et al. (2005). Nach einem wissenschaftlichen Impuls zum Growth Mindset folgen verschiedene Übungen, wie das Nachdenken über eine eigene Fähigkeit, in der man früher Probleme hatte, jetzt aber besser ist, oder eine E-Mail an einen fiktiven Mitarbeitenden schreiben, der in seiner Weiterentwicklung vor Herausforderungen steht.

 

  • Foelsing, J. & Schmitz, A. (2021). Lernkultur – Ein schwer kopierbarer Wettbewerbsvorteil. In: New Work braucht New Learning. Spinger Gabler.
  • Han, S. J., & Stieha, V. (2020). Growth mindset for human resource development: A scoping review of the literature with recommended interventions. Human Resource Development Review, 19(3), 309-331.
  • Hendrikx, K., Schreurs, B., & Jansen In de Wal, J. (2022). Exploring the role of implicit person theory in the relationship between innovative work climate and proactive behaviour at work. Journal of Workplace Learning, 34(7), 643-660.
  • Heslin, P. A., Latham, G. P., & VandeWalle, D. (2005). The effect of implicit person theory on performance appraisals. Journal of Applied Psychology, 90(5), 842-856.
  • LinkedIn Learning (2024). Workplace Learning Report 2024.
  • Kortsch, T., Decius, J., & Paulsen, H. (2024). Lernen in Unternehmen: Formal, informell, selbstreguliert (Praxis der Personalpsychologie, Vol. 43).
  • Rogers, B. A., Christian, J. S., Jennings, R. E., & Lanaj, K. (2023). The growth mindset at work: Will employees help others to develop themselves? Academy of Management Discoveries, 9(1), 67-92.
  • Wingen, S., Graczyk, T., Wingen, T., & Dohle, S. (2024). Mindsets at Work: Understanding the Positive Impact of Growth Mindsets on Workplace Coaching. Basic and Applied Social Psychology, 1–17.
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Dr. Laura Creon, Senior Consultant