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Design Thinking ist Denkhaltung und Methode zugleich – und unheimlich populär geworden in der Unternehmenslandschaft. Gerade in Zeiten der Digitalisierung ermöglicht das designorientierte Denken sich schnell und fokussiert auf immer wieder neue Herausforderungen einzustellen.

Im Interview erklärt Michael Schriber, was das Besondere dieser Herangehensweise an Probleme ausmacht. Er ist Consultant und Design Thinking-Coach bei HRpepper.

Michael, kann eine Organisation Innovation und Kreativität lernen?

Menschen können das durchaus lernen. Und es ist die Aufgabe der Organisation, ihnen den nötigen Freiraum zu bieten, in dem die Kreativität sich entfalten kann. Betrachtet man unterschiedliche evolutionäre Entwicklungsstufen von Organisationsformen, so sieht man, dass diejenigen Unternehmen aktuell erfolgreich sind, die für ihre Mitarbeiter diese Freiräume und eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre schaffen. Um dieses Potenzial freizuschalten, braucht es jedoch die entsprechenden Führungsstile, Anreizsysteme und grundsätzlich mehr Raum zur Mitgestaltung für Mitarbeiter.

Design Thinking wird immer populärer in der Arbeitswelt. Warum findet es deiner Meinung nach derzeit eine so große Verbreitung?

Das liegt daran, dass die Herausforderungen, denen Unternehmen heute ausgesetzt sind, eine immer komplexere Natur haben und nicht mehr mit klassischen Problemlösungsansätzen bewältigt werden können. Und auch der Mensch selbst mit seinen sich ständig wandelnden Bedürfnissen ist einer wesentlich komplexeren Umwelt als früher ausgesetzt, in der vieles möglich ist, aber auch viele neue Herausforderungen auftreten. Design Thinking hat den Anspruch hier einzutauchen und diese – sich ständig wandelnden Bedürfnisse – aufzuspüren und darauf einzugehen. Wir verfolgen bei HRpepper dabei den Ansatz, dass es für das Gestalten von herausragenden Kundenerlebnissen (Customer Experience Design) unerlässlich ist, entsprechende Mitarbeitererlebnisse (Employee Experience Design) zu kreieren.

Interdisziplinäre Teams, mobile Räume und konkrete Prozessschritte, die in iterativen Schleifen ablaufen, gehören zu den Grundelementen des Design Thinking. Was fällt deiner Beobachtung nach davon in den Unternehmen besonders schwer?

Möchte man eine Organisation auf die stetige Veränderung und eine ungewisse Zukunft vorbereiten, braucht es mehr als entsprechende Räume oder ein grobes Verständnis der Prozessschritte. Es müssen erstmal viele Barrieren in Unternehmen fallen: Es geht zum Beispiel darum, wirklich interdisziplinär zusammenzuarbeiten und Fehler zuzulassen und daraus zu lernen, wobei das Iterative beim Design Thinking ein Kernelement ist, auf das sich viele Unternehmen meines Erachtens noch zu wenig einlassen. Es geht nämlich mit einem starken Kulturwandel einher, der es erlaubt, dass man sich an die beste Lösung herantastet, die aber morgen schon wieder veraltet sein kann. Lässt man sich jedoch darauf ein, hilft es einer Organisation schnell zu lernen und entsprechend zu reagieren.

Ist Design Thinking auch im Zeitalter der Digitalisierung, wo sehr viel virtuell gearbeitet wird, noch eigentlich zeitgemäß?

Betrachtet man es nicht nur als Prozess oder Methodenbaukasten, sondern als eine Denkhaltung zum Lösen komplexer Probleme, so findet Design Thinking gerade durch die Digitalisierung eine besonders hohe Relevanz. Durch die Digitalisierung haben wir eine ganz neue Ebene der Kommunikation dazugewonnen, auf der Menschen, Objekte, Gebäude virtuell miteinander kommunizieren und netzwerkartig organisiert sind. Diese Veränderung stellt uns vor neue und ständig wechselnde Herausforderungen, wobei Design Thinking eine Herangehensweise bietet, die es uns ermöglicht, schnell und fokussiert darauf zu reagieren.

Das Interview führte Jan C. Weilbacher 

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