HR Pepper Hoffest 01.06.2018

Gleichberechtigung als gemeinsames Projekt von Frauen und Männern – dafür macht sich unsere Praktikantin Lyn von der Laden als Initiatorin der Veranstaltung „Der Mann als Feminist!?“ stark. Hier schreibt sie, warum insbesondere in der Arbeitswelt Männer gegen Diskriminierung aktiv werden sollten und was das konkret bedeuten kann. Ein Debattenbeitrag

 

“We cannot fully empower women and girls without also engaging men and boys, and when we do, we find out that gender equality is a good thing for men as well as women.“ – Michael Kimmel (amerikanischer Soziologe)

Im Unternehmen Chancengleichheit voranzubringen und gegen Sexismus anzugehen, ist nur die Aufgabe von Frauen? Weit gefehlt. Männer sind hier genauso gefragt. Und das ist nicht nur eine moralische Frage. Es geht auch um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und der gesamten Gesellschaft (Charta der Vielfalt, 2017; World Bank, 2011). Und auch individuell haben Männer einiges zu gewinnen: Schließlich sind die Wurzeln von diskriminierenden Denkweisen, Verhalten und Strukturen normative Rollenbilder, die auch Männer in ihrer Lebensgestaltung einschränken und sogar in ihrer Gesundheit beeinträchtigen können (Lappegard Lahn, 2015).  Dazu zählen Bilder wie: Ein Mann ist nur, wer stark und unverletzlich, im Beruf erfolgreich und für den Job immer verfügbar ist.

Männer haben mehr Handlungsspielraum

Und tatsächlich ist es für Chancengleichheit sehr förderlich, wenn Männer sich ebenfalls aktiv einbringen. So lässt sich allgemein erstmal festhalten, dass es einen positiven Zusammenhang gibt zwischen dem wahrgenommenen Engagement von Männern für Gender Diversity und den wahrgenommenen Verbesserungen im Unternehmen (Krentz et al., 2017).  Bei dieser Studie bleibt natürlich offen, ob Wahrnehmung und Realität übereinstimmen. Fakt ist aber, dass in vielen Unternehmen mehr Männer in Führungspositionen sitzen und damit mehr Handlungsspielraum als Frauen haben, Veränderungen zu mehr Chancengleichheit zu bewirken. Diese Möglichkeiten gilt es zu nutzen. Aber auch unabhängig von der Position im Unternehmen bringt alleine schon der Status „Mann“ eine besondere Effektivität mit sich: Wenn Männer Sexismus ansprechen, wird das von den anwesenden Männern als legitimer betrachtet und die Argumentation ernster genommen, als wenn eine Frau dasselbe sagen würde. Und das wiederum schärft situationsübergreifend die Sensibilität dieser Männer für Sexismus und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch dagegen aktiv werden (Drury & Kaiser, 2014). Eigentlich sind diese Mechanismen natürlich sehr traurig und Teil der Privilegien, die Männer in unserer Gesellschaft derzeit noch genießen – aber diese gilt es eben für die gute Sache zu nutzen. Zumal Männer auch deutlich weniger Anfeindungen zu befürchten haben als Frauen, wenn sie sich für Gleichberechtigung stark machen (Drury & Kaiser, 2014).

Zunächst gilt es, Diskriminierung zu erkennen

Aber wo lässt sich starten? Um Diskriminierung entgegenzuwirken, muss man(n) sie natürlich erstmal erkennen. Und leider ist es für die privilegierte Gruppe oft schwieriger, eigene Privilegien und Diskriminierung zu erkennen.  Zum Beispiel überschätzen Männer tendenziell den Fortschritt ihres Unternehmens hinsichtlich Gender Diversity (Thomas et al., 2017). Außerdem fällt es ihnen oft schwerer, sexistische Handlungen sowie institutionalisierte Formen des Sexismus zu erkennen bzw. bewerten diese in ihrem Schweregrad als geringer als die betroffenen Frauen (Drury & Kaiser, 2014). Deshalb ist es gerade für Männer wichtig,  sich im ersten Schritt über Diskriminierung bei der Arbeit zu informieren: Sei es der Gender Pay Gap, der Einfluss unbewusster Vorurteile, die Rekrutierung von „look-alikes“, die unterschiedlichen Standards, die an männliche und weibliche Führungskräfte angelegt werden, die subtilen Formen, Frauen in Meetings zu übergehen sowie ganz alltäglicher Sexismus bis hin zu sexueller Belästigung. Auch lohnt es sich, sich von Frauen über ihre Erfahrungen mit Sexismus im Unternehmen berichten zu lassen. Da kommt leider oft mehr zusammen, als man sich vorstellen möchte.

Der Blick in den Spiegel muss sein

Und anschließend kommt man(n) nicht um den Blick in den Spiegel herum. Denn durch die Sozialisation in dieser Gesellschaft ist es sehr unwahrscheinlich, keine Denk- und Verhaltensweisen verinnerlicht zu haben, die (unwillentlich) zu Beibehaltung aktueller Ungleichheiten beitragen. Es lohnt sich also, sich selbstkritisch zu fragen: Wo reproduziere ich selbst diskriminierende Inhalte? Dabei ist das Erkennen und Verlernen dieser Muster nicht mit einem Mal getan. Dafür wurden diese zu viele Jahre gelernt und gelebt. Es ist wichtig, sich als Mann bewusst zu machen, dass es ein Prozess ist und dass man(n) sowohl offen für Kritik als auch verständnisvoll mit sich selbst bleibt. Hilfreich kann dabei auch sein, sich von Kolleginnen immer mal wieder Rückmeldungen zum eigenen Verhalten zu holen.

Sexistischen Bemerkungen etwas entgegensetzen

Und dann geht es darum, sich als Mann einzumischen, sexistischen Bemerkungen und Witzen was entgegensetzen – sei es in der Gegenwart von Frauen oder nur unter Männern. Dazu beitragen, dass Frauen in Meetings nicht überhört und genauso ernst genommen werden wie Männer. Sich einmischen, wenn man(n) merkt, dass Frauen und Männer an unterschiedlichen Standards gemessen werden – zum Beispiel bei Einstellungsverfahren. Und wenn Verfügbarkeitsanforderungen kommen, die die Vereinbarkeit von Karriere und Familie schwer möglich machen, sollten auch Männer das kritisieren. Auch als Mann sollte man sich trauen deutlich zu sagen, wenn man aufgrund von Familienaufgaben nicht uneingeschränkt verfügbar bist. Und Männer sollten nicht zulassen, dass Aufgaben wie Kaffee kochen, Spülmaschine ausräumen, Protokolle führen etc. überwiegend an den Kolleginnen hängen bleiben.
Sehr sinnvoll ist es dabei, andere Männer auf diesem Weg gleich mitzunehmen. Ihnen zu helfen, Sexismus und die Folgen für sowohl Frauen als auch für Männer zu verstehen. Und öffentlich Unterstützung für Gender-Maßnahmen zu zeigen und somit andere Männer zu ermutigen, es einem gleich zu tun.

Talentierte Frauen fördern und unterstützen

Und es ist wichtig, Frauen auch aktiv zu unterstützen. Zum Beispiel erhalten sie deutlich seltener informelles Mentoring und Sponsoring als Männer (Ibarra, Carter & Silva, 2010). Das gilt es zu ändern. Männer, die in Sachen Gender-Diversity vorangehen wollen, sollten talentierte Frauen in ihren Unternehmen unterstützen und fördern sowie  andere Männer ermutigen, dies ebenso zu tun. Auch sich in Gender-Initiativen des eigenen Unternehmens einzubringen, ist eine Möglichkeit.
Natürlich geht es bei alldem nicht darum, dass die starken Männer die schwachen Frauen retten müssen. Wir Frauen sind ja selbst handlungsfähig. Aber es geht darum, Teil der Lösung statt Teil des Problems zu sein. Also, es braucht mehr mutige Männer, die ihren Kollegen mit gutem Beispiel vorangehen!


Lyn von der Laden ist Praktikantin bei HRpepper und studiert im Master Wirtschaftspsychologie mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit.  Neben Gender-Themen begeistert sie sich für Organisationsentwicklung und werteorientierte Unternehmensführung.

HRpepper hat die Charta der Vielfalt unterzeichnet und beschäftigt deutlich mehr Frauen als Männer (59 Prozent). Der Anteil der Beraterinnen liegt bei 57 Prozent und der der gewählten, weiblichen Rolleninhaber gemäß des Organisationsmodells von HRpepper bei 47 Prozent.

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