In unserem Verständnis zeichnet sich eine hybride Organisation dadurch aus, dass in ihr unterschiedliche organisationale Betriebssysteme koexistieren. Erfolgreiche hybride Organisationen verankern systematisch und bewusst die Pluralität der verschiedenen Prinzipien in ihrer Organisationsstruktur, ihrer Steuerung, ihren Rollen und Prozessen sowie in ihrer Führung und Kultur. Mehr zu lesen über das Thema „Steuerung von hybriden Organisationen“ gibt in unserem Artikel „Was ist eine hybride Organisation und wie lässt sie sich steuern?“

Wie entsteht eine hybride Organisation? Oft können Firmen selbst schwer nachvollziehen, wie sich ihre Organisation von einer klassischen zu einer hybriden gewandelt hat. Matthias Larose, Partner bei HRpepper, beobachtete bei seinen Kunden folgendes: „Oft braucht es nur eine einzige, neu eingeführte Rolle in einer Business Unit, die den initialen Entwicklungsimpuls hin zu einer hybriden Organisation ausmacht.“

Dynamischer, flexibler, fluider: Das ‚neue‘ Rollenverständnis

Vertiefend möchten wir im zweiten Artikel dieser Reihe auf das Thema „Rollen in hybriden Organisationen“ eingehen. Inwieweit verändern sich die Rollen in einer hybriden Organisation? Und was verändert sich, wenn sich die Rollen verändern?

In herkömmlichen Unternehmenskontexten und in der „alten Welt“ sind Rollen eher starre Gebilde. Für verschiedene Ebenen und Fachgebiete gibt es definierte Beschreibungen zu verschiedenen Rollen, mit vordefinierten Kriterien, die es für die Mitarbeitenden und Führungskräfte zu erfüllen gilt.

Hier erleben wir in hybriden Organisationen eine Veränderung. Wie durch die Modelle VUCA und BANI deutlich wird, ist die „neue Welt“ schneller und komplexer, Menschen sind veränderungsbereiter, sprunghafter und ängstlicher. Organisationen spüren einen größeren Druck, sich entsprechend anzupassen und aufzustellen. Um mit dieser steten Veränderung zurechtzukommen, bietet es sich an, das klassische, eher starre Rollenverständnis aufzubrechen und Rollen dynamischer, fluider und flexibler zu gestalten. In der Praxis bedeutet dies, dass es heute deutlich diversere und damit auch mehrere Rollen in hybriden Organisationen gibt als das in der „alten Welt“ der Fall war.

Von starr zu divers am Beispiel „Führungskompetenz“

Die Kriterien, die früher ganz klar einem bestimmten Rollenprofil zugeordnet waren, finden sich heute in mehreren verschiedenen Rollenprofilen wieder. Deutlich wird das am Beispiel der Führungsrolle. Nehmen wir das Kriterium „Führungskompetenz“. Das Verständnis von Führung kann in einer hybriden Organisation unterschiedliches bedeuten: Es kann einerseits das Führen von Mitarbeiter:innen im klassischen transformationalen Sinn meinen, andererseits aber auch das Führen von Kund:innen, etwa in der Rolle einer Account-Managerin. Außerdem kann das Kriterium auch die „Agile Führung“ umschließen, wie das Führen eines Scrum Teams als Scrum Master oder Agile Coach. Nehmen wir die agilen Grundregeln strenger, würde man sogar davon sprechen, dass sich ein voll agiles Team selbst führt. Folglich wird deutlich, dass die „Führungskompetenz“, die früher hauptsächlich von klassischen Führungskräften gefordert wurde, in modernen Organisationen ganz verschiedene Ausprägungen haben kann und daher eine deutlich höhere Diversität an Führungsrollen existiert.

Mehr Flexibilität = Mehr Komplexität

Die Diversifizierung von Rollen bringt viel Positives mit sich. Es entsteht mehr Flexibilität für Mitarbeiter:innen, in unterschiedliche Rollen zu schlüpfen, immer mal eine neue Rolle auszuprobieren. Einiges wird jedoch auch komplizierter. Wie behält man eine Übersicht über die verschiedenen Rollen und Anforderungskriterien? Welchen Einfluss nimmt die Vielzahl an neuen Rollen auf das Recruiting, Kompetenz- und Performance Management? Müssen sich Karrierepfade und das Vergütungsmodell verändern?

Mehr Flexibilität ist zunächst sehr gewinnbringend für Mitarbeitende. Gleichzeitig erhöht sich dadurch aber sofort die Komplexität auf der Seite derjenigen, die sich um das Handling der Rollen und alle damit in Verbindung stehenden Personalprodukte kümmern. Zwar können wir heute auf viele digitale Tools zurückgreifen, die uns dabei unterstützen, den Überblick zu behalten, trotzdem gilt der folgende Trend: Mehr Flexibilität = Mehr Komplexität. Was können wir tun, um die Rollenthematik in hybriden Organisationen für People Functions, Führungskräfte und die Mitarbeitenden weiterhin einfach und verständlich zu halten?

Tipps für die Veränderung von Rollen in hybriden Unternehmen

In der Zusammenarbeit mit unseren Kunden haben wir mit folgendem Vorgehen gute Erfahrung gemacht, um Personalprodukte rund um die Rollenthematik fit für die hybride Organisation zu machen:

  1. Zunächst muss eine Transparenz über die bestehenden Rollen in der hybriden Organisation geschaffen werden.
  2. Diese Rollen sollten anhand definierter Cluster sortiert werden.
  3. Anschließend lassen sich innerhalb der Cluster Anforderungskriterien aus den Rollenprofilen ableiten.
  4. Diese Anforderungskriterien können dann genutzt werden, um die verschiedenen angepassten

Prototypen der Personalprodukte zu konzipieren, wie

  • Stellenanzeigen für das Recruiting formulieren,
  • ein Skill-Management aufbauen und einen Überblick über die in der Organisation vorhandenen Kompetenzen gewinnen,
  • ein sauberes und Kriterien geleitetes Performance Management etablieren,
  • einzelne Stufen innerhalb von Rollen zu definieren, als Grundlage für Entwicklungsstufen und Entwicklungspfade.

Eine positive Entwicklung, die wir parallel zu der Diversifizierung von Rollen innerhalb von Unternehmen erleben, ist die Zunahme von Rollen, die sich speziell mit der Steuerung von hybriden Organisationen und den sich daraus ergebenden Herausforderungen beschäftigen. Bei den Stellenanzeigen auf LinkedIn findet man zum Beispiel den sog. „Chief Remote Officer“, eine Rolle, die einige große Unternehmen während der Pandemie eingeführt haben. Kernaufgabe der Rolle ist es, den Remote First-Ansatz umzusetzen. Es gibt vielfältige, individuell passende Ansätze, um das Thema „Rollen in hybriden Organisationen“ anzugehen.

Erfährst du in deinem Unternehmen ähnliche Veränderungen? Haben sich eure Rollen verändert und könnte dies ein Zeichen dafür sein, dass sich eure Organisation zu einer hybriden hin verändert?

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