Feedback geben und nehmen ist (nicht) einfach

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In den letzten 30 Jahren wurde viel zu Feedback in Organisationen geforscht und geschrieben. Heutzutage wird der Begriff manchmal inflationär eingesetzt: Jeder muss immer und ständig Feedback geben und nehmen. Die Relevanz von Feedback für Organisationen ist unumstritten, jedoch gilt es gewisse Faktoren zu berücksichtigen, damit sich die positiven Effekte einstellen.

Von Linda Coldewey

Feedback nimmt eine zentrale Rolle in Organisationen ein und beeinflusst, wie diese arbeiten. Firmen wie Amazon, Apple oder Netflix schreiben einen Teil ihres Erfolges ihrer direkten Feedback-Kultur zu. McKinsey versteht ständiges Feedback als treibende Kraft zur Gewinnung und Förderung der klügsten Köpfe (Forbes, 2020). Dass Feedback auch negativ von Mitarbeitenden wahrgenommen werden kann, zeigte sich erst kürzlich am Beispiel Zalando. Das Unternehmen war, ob berechtigt oder nicht, mit seiner umfänglichen Feedback-Software in die Schlagzeilen geraten (Gründerszene, 2019).

Der Harvard Business Manager hat im vergangenen Jahr eine Ausgabe mit dem Titel „Why Feedback Fails“ herausgebracht und die zugrundeliegenden Hypothesen zur Funktionsweise von Feedback und dessen Nutzen hinterfragt (Harvard Business Review, 2019) – ein durchaus polarisierender Artikel.

Die Forschung rund um Feedback hat sich zumeist mit der Frage beschäftigt, wie sich Menschen durch Feedback im organisationalen Kontext verbessern (Baker, Perreault, Reid & Blanchard, 2013). Anknüpfend an die „Feedback-Debatte“ sollen die folgenden Fragen beleuchtet werden: Was ist Feedback und warum nimmt es eine so wichtige Rolle ein? Mit welchem Ziel kann es eingesetzt werden? Was sind wichtige Erkenntnisse für Organisationen aus der Forschung?

Feedback sichert die Überlebensfähigkeit von Organisationen

Der Terminus Feedback kommt ursprünglich aus der Kybernetik und meint eine Rückmeldung zu dem Wirkungsgrad einer erbrachten Leistung. Die Sozialwissenschaften haben das Konzept auf menschliches Verhalten übertragen und so versteht die Sozialpsychologie unter Feedback die konkrete und verhaltensnahe Rückmeldung auf Basis dessen es einer Person möglich ist, die Wirkung und Konsequenzen des eigenen Verhaltens besser einschätzen und verändern zu können (Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik, 2020).

Aus systemischer Sicht wird Feedback als ein überlebenssicherndes Korrektiv verstanden. Da Organisationen ebenfalls als Systeme verstanden werden können, benötigen sie Feedback-Mechanismen, um langfristig zu bestehen (Jöns & Bungard, 2018). Organisationen ist daher zu empfehlen unterschiedliche Feedback-Perspektiven (zum Beispiel von Geschäftspartnern, Lieferanten, Mitarbeitenden oder Kunden) einzuholen, allerdings stellt dieser Text Feedback zwischen Menschen innerhalb einer Organisation in den Fokus.

Vertrauen stellt eine wichtige Grundvoraussetzung dar

Damit Feedback sich positiv auf die Leistung von Mitarbeitenden auswirkt, stellt Vertrauen eine wichtige Basis dar. Es muss Organisationen und insbesondere Führungskräften gelingen, ein Umfeld zu schaffen, in dem Vertrauen ein zentraler Wert ist. Weiterhin kann die Effektivität von Feedback dadurch erhöht werden, dass Führungskräfte die Bedeutung des Feedbacks darlegen, indem dieses auf die Person und die Aufgabe bezogen und im Kontext der organisationalen Ziele betrachtet wird (Baker et. al., 2013).

Forschungsergebnisse konnten darüber hinaus zeigen, dass die Leistungsverbesserung bei Mitarbeitenden größer ist, wenn im Anschluss an Feedback eine Reflexion stattfindet, also eine vertiefende Auseinandersetzung mit der Rückmeldung (Anseel, Lievens & Schollaert, 2009).

Das Konzept der “Feedback Orientation” befasst sich mit der Empfänglichkeit von Menschen für Feedback, welches sich im Suchen, Erhalten, Interpretieren und Nutzen manifestiert. Es konnte gezeigt werden, dass Mitarbeitende besonders dann empfänglich für Feedback und Entwicklung sind, wenn Führungskräfte ein unterstützendes Umfeld schaffen. Hierbei scheint es besonders wichtig zu sein, dass Führungskräfte erreichbar sind, ihre Mitarbeitenden dazu ermutigen sich Feedback zu holen und sie selbst wertvolles, nachvollziehbares und qualitativ gutes Feedback geben. Weiterhin scheint auch die emotionale Intelligenz einer Person “Feedback Orientation” zu begünstigen (Dahling, Chau, & O’Malley 2012).

Welche Kriterien sollte gutes Feedback erfüllen?

Stellt sich nun die Frage, was gutes Feedback ausmacht und welche Faktoren insbesondere berücksichtigt werden müssen. Ein  Ansatz beim Geben von Feedback kann die Orientierung an der Selbstbestimmungstheorie sein, welche aus der Persönlichkeitstheorie kommt und ihren Ursprung in der humanistischen Psychologie hat. Sie geht davon aus, dass jeder Mensch ein Bedürfnis nach Kompetenz, sozialer Eingebundenheit und Autonomie hat.

Wenn diese Bedürfnisse befriedigt sind, können Menschen ihr volles Potenzial entfalten und wachsen (Chiniara & Bentein, 2014). Feedback und auch Feedback-Prozesse sollten so gestaltet werden, dass die drei Bedürfnisse nicht gefährdet, sondern berücksichtigt werden. Zum Beispiel, indem die Kompetenz eines Mitarbeitenden nicht infrage gestellt wird oder indem verdeutlich wird, dass ein Fehler nicht automatisch zur Kündigung führt.

Obgleich es eine Vielzahl an Empfehlungen gibt, die streckenweise auch kontrovers diskutiert werden, so lassen sich weitere zentrale Punkte herausstellen: Feedback sollte spezifisch und begründet sein, keine vorschnellen Schlüsse auf Persönlichkeitseigenschaften beinhalten und nicht vorwurfsvoll oder pauschalisiert formuliert sein. Etwas kontroverser wird die Frage diskutiert, inwieweit Feedback internal oder external attribuiert werden soll.

Wird Feedback internal, also auf die Fähigkeiten und Kompetenzen einer Person attribuiert, kann dies eine Ich-Bedrohung auslösen, die zumeist demotivierende und defensive Reaktionen auslösen (Semmer & Jacobshagen, 2010) und somit keine Leistungsverbesserungen mit sich bringen. Andererseits kann eine reine externale Zuschreibung von Feedback auch dazu führen, dass die entsprechende Rückmeldung nicht ernst genommen wird und keine Verhaltensänderung daraus hervorgeht.

Feedback braucht starke Führungskräfte

Feedback hat in der heutigen Welt, die sich durch Komplexität auszeichnet, an Bedeutung gewonnen. Strukturen und Orientierungsrahmen sind nicht mehr in der Form existent wie noch vor 30 Jahren. In Zukunft wird es wichtig sein, dass Organisationen Feedback nicht nur als eine einzige Intervention oder Maßnahme verstehen. Vielmehr muss Feedback in komplexen Systemen allumfassend betrachtet werden und formell, informell, systematisch und dialogorientiert stattfinden (Baker et. al., 2013).

Hierfür gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Tools, die von Organisationen eingesetzt werden. Damit jedoch Performance Management Systeme erfolgreich werden, ist es wichtig, Mitarbeiterziele an organisationale Ziele zu knüpfen, in die Fähigkeiten von Führungskräften zu investieren und Belohnungen für die Extreme hinsichtlich Leistung zu differenzieren (McKinsey, 2019). Neben Systemen, die die Anforderungen der Organisationen abbilden, nehmen Führungskräfte in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle ein. Sie sind trotz selbstorganisierter Strukturen nach wie vor in der Verantwortung Feedback zu geben und mit ihren Mitarbeitenden in einen Dialog zu gehen.

Quellen: