Wenn einer gewinnt, muss (k)einer verlieren

202104

Wissenschaftliche Ergebnisse zeigen sowohl eine positive als auch negative Korrelation zwischen Rivalität und Performance. Was steckt dahinter und unter welchen Bedingungen fördert Konkurrenz die Leistung?

Von Klementine Klein

Wettbewerb und Rivalität verstehen wir gemeinhin als eine Situation, in der die gewünschten Ergebnisse der beiden Parteien im direkten Gegensatz zueinanderstehen: Eine*r gewinnt und jemand anderes verliert.

Studien unterstützen dieses Verständnis. Sie zeigen zudem, dass sich der Druck durch Rivalität negativ auf die Performance auswirkt. Mitarbeitende fühlen sich durch einen Rivalitäten eingeschränkt, Rückschläge führen zu Demotivation. Gleichzeitig belegen Studien aus den letzten drei Jahrzehnten, dass durch Wettbewerb, Motivation und Performance gestärkt werden kann (Levchenko et al., 2019). Was stimmt also und welche Rahmenbedingungen müssen gegeben sein, damit sich Konkurrenz positiv auf das Gesamtergebnis auswirkt?

Eine Studie von Johnson, Holleneck und Kollegen (2009) verdeutlicht, dass sich direkter Wettbewerb zwischen zwei Teams oder Kollegen in zwei Richtungen entwickeln kann: Entweder in ein Muster des freundlichen Wettbewerbs, bezeichnet als “friendly competition“, oder in eines der rabiaten Art der Zusammenarbeit, der “cutthroat collaboration“. Im Rahmen von “friendly competition“ motivieren sich Mitarbeitende gegenseitig und lernen voneinander. Dies resultiert in einer nachhaltigen Leistungsverbesserung – auf individueller und auf Teamebene. Im Gegensatz dazu spornen sich Mitarbeitende im “cutthroat collaboration“-Umfeld zwar an. Sie arbeiten aber nur zusammen, wenn alle davon profitieren und sie priorisieren dabei ihre eigene Leistung über die des Teams oder des größeren Ziels.

Schaffen einer Kultur des freundlichen Wettbewerbs

Um von den Vorteilen durch Rivalität im Unternehmen profitieren zu können, müssen Unternehmen eine Atmosphäre schaffen, in der “friendly competition“ herrscht – oder zumindest sicherstellen, dass “cutthroat collaboration“ nicht innerhalb der Teams, sondern nur teamübergreifend stattfindet (Oțoiu, et al., 2019). Die Studie zeigt, dass die Reihenfolge, in der sich die Kultur entwickelt, die Ergebnisse maßgeblich beeinflusst. Wenn Teams einmal in einen Modus des direkten Vergleichs und Wettbewerbs untereinander kommen, ist es schwer, aus diesem Mindset wieder herauszukommen. Das zukünftige Zusammenwirken ist erschwert. Arbeitet jedoch das Team erst eng zusammen und haben die Mitarbeitenden Vertrauen zueinander aufgebaut, können Wettbewerbselemente ein Ansporn sein, sich gegenseitig zu übertreffen. Der Anfangspunkt der Beziehung ist hier also ausschlaggebend für das Potenzial des freundlichen Wettbewerbs.

In der Praxis ist der Start einer Beziehung zwischen Mitarbeitenden oder Teams oft nicht kontrollierbar, da mit laufenden Wechseln in Unternehmen immer wieder neue Konstellationen entstehen. Wie ermöglichen Unternehmen und Führungskräfte trotzdem die richtige Atmosphäre für “friendly competition“?

Die Kultur folgt der Struktur

Für eine Kultur in der Mitarbeitende sich gegenseitig vertrauen, helfen und gleichzeitig zu Bestleistung motivieren, müssen die strukturellen Elemente eine solche Kultur unterstützen. Besonders Performance Management und Leistungsmessung spielen hier eine wichtige Rolle. In einem Umfeld, das nur individuelle Ergebnisse misst und belohnt, ist es schwer, Mitstreiter*innen als mögliche Verbündete zu sehen. Herrscht jedoch eine Kultur der Zusammenarbeit und Kollaboration, kann Rivalität dazu führen, dass sich die Kolleg*innen gegenseitig motivieren, ohne dass sie durch individuelle Rückschläge demotiviert werden. Der Teamerfolg steht hier im Vordergrund. Dies bedeutet konkret: Unternehmen sollten auf Teamziele setzen, um “friendly competition“ in ihren Teams zu stärken.

Neben dem strukturellen Einfluss von Performance Management auf das Potenzial von “friendly competition“ spielt die persönliche Beziehung zwischen Mitstreitern eine ausschlaggebende Rolle. Es fällt Mitarbeitenden einfacher, Mitstreitenden Erfolg zu gönnen, wenn eine persönliche Verbindung über die Arbeitsbeziehung hinaus existiert. Zusätzlich kann auch die Führungskraft in einer coachenden Rolle großen Einfluss auf die Atmosphäre im Team und die Haltung gegenüber Wettbewerb und Mitstreitenden haben.

Zusammenfassend verdeutlichen die Studien, dass Rivalität sich positiv auf Performance auswirken kann, wenn es im Rahmen von “friendly competition“ stattfindet. Stärken lässt sich ein solches Umfeld durch das Kommunizieren übergeordneter Teamziele, der Förderung von außerberuflichen Beziehungen zwischen Mitarbeitenden sowie einer coachenden Führungskraft.

Quellen: