Trennung tut weh – Warum Mitarbeitende (nicht) kündigen

Bild BION Sep 2023

Kündigungen kosten Organisationen viel Geld. Deswegen ist es für Personalverantwortliche wichtig zu verstehen, aus welchen Gründen Mitarbeitende freiwillig kündigen. Eine Meta-Analyse gibt Aufschluss über eine Reihe von Kündigungsgründen. Daraus leiten sich evidenzbasierte Ansatzpunkte für die Vermeidung ungewollter Kündigungen in Organisationen ab. 

Von Laura Creon

 

Die Kosten, die durch Kündigungen entstehen, werden auf 90 bis 200 Prozent des jährlichen Gehalts der kündigenden Person geschätzt (Allen, 2008). Zu den Kosten für die Neubesetzung der Stelle kommen z. B. noch Ausgaben für die Einarbeitung, mögliche Qualitätseinbußen oder sogar Ansteckungseffekte (Allen et al., 2010). Aber aus welchen Gründen kündigen Mitarbeitende freiwillig? Liegt es am Gehalt, wie oft behauptet wird, oder stimmt eher das Bonmot “People quit bosses, not jobs”?

 

Die häufigsten Kündigungsgründe

Die Meta-Analyse von Rubenstein et al., (2018) hat 57 Gründe untersucht, die mit freiwilligen Kündigungen von Mitarbeitenden zusammenhängen könnten. Die folgenden Gründe erzielten die höchsten Zusammenhänge:

  1. Fehlende Entwicklungsmöglichkeiten: Wer den Eindruck hat, die Organisation bietet, abgesehen von der Bezahlung, wenig bis keine Weiterbildungsmöglichkeiten oder Benefits, kündigt eher.
  2. Kein positiver Führungsstil: Wer sich von seiner Führungskraft nicht konstruktiv geführt fühlt, kündigt eher (in der Meta-Analyse wurden verschiedene positive Führungsstile wie z. B. transformationale Führung zusammengefasst). An “People quit bosses, not jobs” ist also durchaus etwas dran.
  3. Kein positives Organisationsklima: Wer in einer wenig wertschätzenden Arbeitsatmosphäre arbeitet, kündigt eher.
  4. Kein motivierendes Job Design: Wer seinen Job nicht als motivierend gestaltet erlebt, kündigt eher. Schon lange ist bekannt, dass Jobs dann besonders motivierend sind, wenn sie z. B. abwechslungsreich, bedeutsam und ganzheitlich gestaltet sind (Fried & Ferris, 1987).
  5. Keine hohe Einbettung: Die Einbettung eines Mitarbeitenden in eine Organisation drückt sich durch die Passung zur Organisation, die Vernetzung innerhalb der Organisation und die Kosten bei Verlassen der Organisation aus. Wer in allen drei Aspekten niedrige Werte hat, kündigt eher.
  6. Geringe Zufriedenheit und viel Work-Life-Conflict: Wer im Job oder in anderen Lebensbereichen wenig zufrieden ist, kündigt eher. Wer zudem spürt, dass Konflikte zwischen Arbeit und Privatleben bestehen, kündigt eher.

Und was ist nun mit dem Gehalt? Auch, wer unzufrieden mit dem Gehalt ist, kündigt eher. Der Zusammenhang ist aber weniger stark als bei den oben genannten Gründen und z. B. genauso stark wie die Wahrnehmung von Gerechtigkeit in der Organisation. Der Verdienst spielt also eine Rolle, andere Gründe können aber noch wesentlich einflussreicher sein.

 

Effektive Strategien zur Personalbindung

Für ein evidenzbasiertes Turnover Management in Organisationen, empfehlen Expert:innen ein Vorgehen in drei Schritten (in Anlehnung an Allen et al., 2010):

  1. Aktuelle Gründe analysieren: Wie viele Mitarbeitende kündigen, wer kündigt und wie verhalten sich Kosten und Nutzen bei den Kündigungen in unserer Organisation? Wie stellt sich die Situation im Vergleich mit organisationsspezifischen und externen Benchmarks dar?
  2. Geteiltes Verständnis schaffen: Welche unterschiedlichen Gründe gibt es generell und spezifisch in unserer Organisation, warum Mitarbeitende kündigen? Welche Rollen spielen dabei verschiedene Stakeholder in der Organisation und was können sie tun?
  3. Zugeschnittene Maßnahmen einsetzen: Die Maßnahmen sollten sich nach dem Ergebnis der Diagnose richten (Allen, 2008). In der Breite wirksame Maßnahmen sind etwa die Förderung der internen Mobilität, die Verbesserung des Organisationsklimas und die Führungskräfteentwicklung (Allen et al., 2010). Auch das Thema Flexibilität in der Arbeitsgestaltung nimmt zunehmend eine wichtige Rolle ein (Sull et al., 2022). Über Analysen für einzelne Zielgruppen, z. B. im Rahmen von Fokusgruppen, können zudem Ansatzpunkte für weitere spezifische Maßnahmen aufgedeckt werden.

Quellen