Beruflicher Erfolg lässt sich (nicht) nur mit dem IQ erklären

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Warum sind manche Menschen im Beruf erfolgreicher als andere? Die Intelligenz ist zwar von großer Bedeutung, doch kann durch sie nicht immer die zukünftige Leistungsfähigkeit vorausgesagt werden. Selbstkontrolle und Durchhaltevermögen spielen beispielsweise ebenfalls eine wesentliche Rolle.

Beruflicher Erfolg ist kein einfach zu greifendes Konstrukt, dennoch ist das Interesse groß, zu verstehen, was manche Menschen erfolgreicher macht als andere. Neben dem gut erforschten Intelligenzquotienten (IQ) gibt es neuere Erkenntnisse, die Aufschluss darüber geben, welche nicht-intellektuellen Fähigkeiten beruflichen Erfolg bedingen.

Erfolg im Berufsleben hat nicht nur eine gesellschaftliche und ökonomische Bedeutung, sondern ist für viele Menschen neben einem zufriedenstellenden Privatleben sehr erstrebenswert und eine wichtige Zielsetzung (Dette, Abele & Renner, 2004). Der Blick in den Duden verrät, dass Erfolg gemeinhin als das positive Ergebnis einer Bemühung verstanden wird (Duden, 2018). Was genau beruflichen Erfolg jedoch ausmacht, wird von Menschen sehr unterschiedlich wahrgenommen und auch in der Wissenschaft ist die Definition zuweilen sehr unscharf (Dette, Abele & Renner, 2004). Darüber hinaus wird beruflicher Erfolg auch durch zum Beispiel organisationale oder führungsspezifische Faktoren beeinflusst, sodass hier erst einmal nur individuelle Eigenschaften von Menschen betrachtet werden sollen.

Die Forschung beschäftigt sich schon länger mit der Frage, warum manche Menschen im beruflichen Kontext erfolgreicher sind als andere. Dies ist auch für Organisationen von Interesse, wollen sie doch Mitarbeiter gewinnen, die auf den jeweiligen Positionen gute Leistungen erbringen und erfolgreich sind. Was sind also die Qualifikationen, Kompetenzen oder Persönlichkeitsmerkmale, die manche Menschen zu herausragenden Leistungen bringen? Worauf sollten Organisationen bei der Einstellung neuer Mitarbeiter oder bei der Entscheidung einer Weiterentwicklung achten?

Gute Befundlage zu dem Zusammenhang von IQ und beruflichem Erfolg

Die wissenschaftliche Befundlage ist in Bezug auf den Zusammenhang zwischen dem IQ und beruflichem Erfolg recht umfassend. Mehrere Metaanalysen mit Stichproben aus den USA, Europa und Deutschland (Hunter & Hunter, 1984; Salgado, Anderson, Moscoso, Bertua, de Fruyt & Rolland, 2003; Hülsheger, Maier und Stumpp, 2007) konnten zeigen, dass allgemeine mentale Fähigkeiten, also die Art und Weise wie schnell Menschen lernen, Instruktionen verstehen und Probleme lösen, deutlich mit verschiedenen Kriterien beruflichen Erfolgs korrelieren und diese die besten Prädiktoren für berufsbezogene Lern- und Arbeitsleistung sind (Kramer, 2009). Methoden, um den IQ zu messen, gibt es bereits seit den frühen 1900er Jahren. Dies ermöglichte es der Forschung, Aussagen zu Korrelationen und Auswirkungen von Intelligenz zu formulieren (Duckworth & Seligman, 2005). So hängt der IQ stark mit schulischem, sozialen und beruflichem Erfolg zusammen und stellt hierbei den aussagefähigsten Einzelparameter dar (Nisbett, Aronson, Blair, Dickens, Flynn, Halpern & Turkheimer, 2012; Lackner, 2012, S. 188).

Neuere Erkenntnisse zu Selbstkontrolle und Durchhaltevermögen

Mit Blick auf nicht-intellektuelle Stärken, wie zum Bespiel Selbstkontrolle, wird deutlich, dass diese nicht so stark erforscht wurden, sodass die Sprachfähigkeit hierzu deutlich geringer ist.
Eine Studie konnte dennoch zeigen, dass Selbstkontrolle, also die Fähigkeit, Aufmerksamkeit, Emotionen und Verhalten in der Gegenwart von Versuchungen zu regulieren, die akademische Leistung von Schülern besser vorhersagen konnte als es der IQ tat. Es konnte eine Aussage darüber getroffen werden, welche Schüler über einen Zeitraum von einem Jahr besser werden würden als andere. Der IQ gibt demnach zwar Auskunft über die analytischen Fähigkeiten einer Person, jedoch konnte er die zukünftige Leistungsfähigkeit in dieser Studie nicht vorhersagen (Duckworth, Gendler & Gross, 2016; Duckworth & Seligman, 2005).

Neben den Erkenntnissen zu Selbstkontrolle gibt es neuere Forschung zu dem Zusammenhang zwischen Durchhaltevermögen, also der Ausdauer und Leidenschaft für langfristige Ziele und zukünftigen, beruflichem Erfolg (Duckworth & Gross, 2014; Duckworth, Peterson, Matthews & Kelly, 2007). In einer Studie wurde untersucht, welche Qualifikationen den Unterschied in der Effektivität der Arbeit von Lehrern erklärt, da gewöhnliche Indikatoren wie zum Bespiel das Vorliegen von Zertifikaten, diesen nicht zu erklären vermochten. Es konnte gezeigt werden, dass Lehrer mit hohem Durchhaltevermögen und hoher Lebenszufriedenheit bessere Leistungen erbrachten und weniger dazu tendierten, zu kündigen (Duckworth, Quinn & Seligman, 2009).

In ihrem Buch stellt Angela Duckworth (2017, S. 41-44) hierzu eine interessante Theorie auf, die versucht, den Zusammenhang zwischen talentierten Menschen und Leistung bzw. Erfolg zu erklären. Hierfür zog sie die beiden Faktoren Talent und Bemühungen heran. Talent ist, wie schnell sich die Fähigkeiten einer Person verbessern, wenn diese darin investiert und sich anstrengt. Leistung ist wiederum das, was passiert, wenn die erworbenen Fähigkeiten genutzt werden. Selbstverständlich haben auch weitere Faktoren, wie zum Beispiel ein guter Coach oder schlicht Glück, einen erheblichen Einfluss. Allerdings werden und können diese nicht in Theorien abgebildet werden. Eines wird dennoch sehr deutlich: Wenn Personen in identischen Kontexten unterwegs sind, dann zählen nur Talent und Bemühungen bzw. Einsatz. Talent zählt, aber Bemühungen bzw. Einsatz zählen doppelt in der aufgestellten Gleichung.

Bewährtes nutzen und durch neuere Erkenntnisse erweitern

Die noch recht neuen Erkenntnisse aus der Forschung sind auch für Organisationen von Bedeutung und verdeutlichen einmal mehr, wie schwierig es ist, beruflichen Erfolg vorherzusehen und auf einige wenige Faktoren herunter zu brechen. Daher ist es umso wichtiger, dass sich Organisationen die Frage stellen, welche Qualifikationen, Kompetenzen und Persönlichkeitseigenschaften für eine bestimmte Stelle von Bedeutung sind und was einen erfolgreichen Mitarbeiter auf dieser Stelle ausmacht. Die Forschung hat bereits viele Erkenntnisse zu dem Zusammenhang von Persönlichkeitseigenschaften wie dem IQ und beruflichen Erfolgs geliefert. Diese werden auch weiterhin Bestand haben, dennoch lohnt es sich die Erkenntnisse zu Selbstkontrolle und Durchhaltevermögen genauer zu betrachten und zu überlegen, wie diese in Organisationen und hier für die Auswahl und Weiterentwicklung bestimmter Mitarbeitergruppen Anwendung finden können.

Quellen: