Leadership Fiction: Toxische Führung & Machtverhältnisse

Toxische Macht

Fiktive Figuren können großartige Lehrmeister:innen für Führung sein – manchmal aber auch abschreckende Beispiele für toxische Führung. Unsere Kolumne „Leadership Fiction“ wirft diesmal einen Blick auf eine Figur, von der wir lernen können, wie man es besser nicht macht: Logan Roy, das Oberhaupt einer Medien-Dynastie aus der HBO-Serie Succession. Ein Machtmensch par excellence – und ein Paradebeispiel toxischer Führung.

Willkommen im House of Roy

Logan Roy ist Gründer und alternder CEO des globalen Medienunternehmens Waystar Royco – ein patriarchalischer König, der sein Reich mit eiserner Faust regiert. Die Serie beginnt damit, dass seine Gesundheit nachlässt und es Zeit wäre, die Nachfolge zu regeln. Doch Logan denkt gar nicht daran, loszulassen. Statt Klarheit zu schaffen, zettelt er ein perfides Spiel um Macht, Loyalität und Anerkennung an – vor allem unter seinen vier Kindern, die er immer wieder manipuliert und gegeneinander ausspielt.

Leadership Fiction – Diesmal als Anti-Lektion

Succession bietet einen wilden Ritt durch psychologische Abgründe, wirtschaftliche Skrupellosigkeit und zwischenmenschliche Verwüstung und ist gleichzeitig ein faszinierendes Fallbeispiel für dysfunktionale Führung.

Anti-Lesson #1: Toxische Führung durch Angst und Manipulation

Logan Roy führt mit Zuckerbrot und Peitsche – wobei das Zuckerbrot oft vergiftet ist. Er nutzt Nähe strategisch, verspricht Dinge, um Menschen gefügig zu machen, und entzieht ihnen das Vertrauen, sobald sie ihm gefährlich werden. Wer Kritik äußert, wird entlassen oder gedemütigt. Logan Roy hat gegen jeden etwas in der Hand. Wer loyal bleibt, bekommt kleinere Belohnungen aber nie das, was man wirklich will. In der Realität führt dieser toxische Führungsstil zu einer Atmosphäre der Angst. Psychologische Sicherheit – ein entscheidender Gegenpol zu toxischer Führung und ein Grundpfeiler wirksamer Teamarbeit – wird durch Willkür und Misstrauen ersetzt. Die Folge: Scheinloyalität, Silodenken, Konfliktscheue und keine Innovation.

Anti Leadership Lesson #2: Nachfolge? Wird überbewertet.

Einer der zentralen Spannungsbögen der Serie ist Logans Weigerung, ernsthaft seine Nachfolge zu regeln. Statt klare Verantwortlichkeiten zu schaffen oder Talente zu entwickeln, hält er alle in einer permanenten Bewährungsprobe. Seine Kinder sollen „bereit“ sein – aber was das heißt, bleibt diffus. Das Spiel: Hoffnung säen, dann wieder zerstören. Bindung durch emotionale Erpressung. Das zeigt: Wer Nachfolge als Machtfrage und nicht als Gestaltungsfrage betrachtet, gefährdet nicht nur die eigene Organisation, sondern auch die Menschen darin. Leadership heißt auch, loslassen zu können.

Anti Leadership Lesson #3: Gib deine Traumata 1:1 weiter

Logan Roy ist nicht einfach nur ein schlechter Mensch. Er ist ein komplexer Charakter, dessen Verhalten tief in seiner Biografie verwurzelt ist: eine Kindheit voller Entbehrung, Gewalt und Entfremdung. Diese Traumata trägt er unreflektiert weiter – in seine Familie, sein Unternehmen, seine Entscheidungen.

Wer führen will, muss sich selbst kennen und an sich arbeiten. Unverarbeitete Erfahrungen, unbewusste Muster oder übersteigerte Egos können nicht nur die eigene Wirksamkeit sabotieren, sondern ganze Teams und Kulturen schädigen. Emotionale Intelligenz, Reflexionsfähigkeit und ein realistisches Selbstbild sind keine „Soft Skills“, sondern Führungsnotwendigkeiten.

Anti Leadership Lesson #4: Umgib dich mit Ja-Sager:innen

In der Welt von Succession geht es selten um gute Argumente – sondern darum, wer die Gunst des Patriarchen gewinnt. Logan Roy umgibt sich mit Menschen, die ihm nicht widersprechen. Wer Kritik äußert oder ethische Bedenken anmeldet, wird aussortiert. Loyalität bedeutet Schweigen – oder Mitmachen. Ein tragisches Beispiel ist Gerri, die als juristisch versierte Führungskraft durchaus Rückgrat beweist, aber immer wieder aus Angst vor dem eigenen Karriereende einknickt. Die Folge ist eine Kultur des Opportunismus, in der Machtmissbrauch systematisch gedeckt wird.

In der realen Arbeitswelt zeigt sich dieses Muster als klassisches Merkmal toxischer Führung überall dort, wo Hierarchien Angst statt Verantwortung erzeugen. Diversität – auch in Bezug auf Denkstile und Perspektiven – wird hier nicht als Ressource, sondern als Bedrohung wahrgenommen. Dabei zeigen Studien immer wieder: Teams, die sich trauen, zu widersprechen, treffen bessere Entscheidungen. Doch dafür braucht es eine Führung, die Widerspruch nicht nur aushält, sondern einlädt.

Anti Leadership Lesson #5: Pflege deine Allmachtsfantasien

Logan Roy hat längst alles: Einfluss, Vermögen, ein Medienimperium. Doch das genügt ihm nicht. Was ihn wirklich antreibt, ist nicht wirtschaftlicher Erfolg – sondern die pure Kontrolle. Kontrolle über das Unternehmen, seine Kinder, das Narrativ. Er will nicht nur der reichste Mann im Raum sein, sondern derjenige, vor dem alle zittern. Sein Machtstreben kennt keine Grenzen. Selbst auf dem Krankenbett führt er noch Telefonate mit dem Präsidenten und spinnt Deals in letzter Sekunde.

Diese Sucht nach Macht ist in der Serie nicht heroisch, sondern tragisch. Denn sie verhindert Entwicklung – sowohl bei Logan selbst als auch bei allen um ihn herum. Sie schafft ein Klima, in dem Status über Substanz steht und toxische Loyalitäten über langfristige Strategien. Wer so führt, kann keine Zukunft bauen – nur Abhängigkeit.

Die zwei Seiten der Macht

Succesion konfrontiert uns mit einer unbequemen Wahrheit: Toxische Führung kann kurzfristig erfolgreich sein. Unternehmen wie Waystar Royco florieren trotz – oder gerade wegen – der autoritären Kontrolle des Patriarchen. Entscheidungen werden schnell getroffen, Angst diszipliniert die Belegschaft, und Loyalität lässt sich teuer erkaufen. Doch dieser Erfolg kurzfristige Erfolg toxischer Führung hat einen hohen Preis. Wenn alles von einer einzigen Person abhängt, entsteht eine gefährliche Monokultur. Vielfalt, Widerspruch, Innovation – all das wird zur Bedrohung. Die Organisation wird handlungsunfähig, sobald die zentrale Figur schwächelt oder verschwindet. Das System zerfällt mit dem Systemmacher – ein Paradebeispiel für die langfristigen Risiken toxischer Führung.

Dazu kommt: Macht verändert Menschen. Der Organisationspsychologe Carsten Schermuly zeigt in seiner „Psychologie der Macht“, dass Führungspersonen unter Machtverlust an Entscheidungsqualität einbüßen. Ihre Empathie sinkt, sie neigen dazu, andere zu objektifizieren – und halten sich für unfehlbar. Je länger Macht unkontrolliert bleibt, desto größer wird die kognitive Verzerrung. Der Dialog versiegt, die Wirklichkeit verformt sich zur Echokammer. Macht wirkt enthemmend und führt häufig zu maßloser Selbstüberschätzung.

Die Alternative? Kollektive Intelligenz. Studien zeigen, dass Teams, die sich sicher fühlen, einander widersprechen dürfen und gemeinsam Verantwortung tragen, bessere Entscheidungen treffen. Sie sind robuster gegenüber Krisen, lernfähiger und innovationsstärker. Führung ist keine Einzeldisziplin. Das Bewusstsein darum, das Macht unser Denken und Handeln beeinflusst, ist der erste Schritt. Mit diesem Wissen sollten sich Führungskräfte fragen, wie ihre Macht zu einem positiven Einfluss werden kann, der auch andere Menschen um sie herum ermächtigt, um gemeinsam dauerhaft wirksam zu werden.

Insbesondere mit Blick auf die aktuelle globale Politik müssen wir feststellen, dass vieles, was in der Serie passiert, schockierend nah an der Realität ist. Umso wichtiger ist es, sich bewusst mit Macht auseinanderzusetzen und aktiv Gegenbeispiele zu schaffen.

Möchten Sie mehr darüber erfahren, wie Sie toxische Führung erkennen und vermeiden können? Kontaktieren Sie uns gern für weiterführende Insights.

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Johanna Voigt, Principal Consultant