Die Notwendigkeit für hybride Organisationsmodelle resultiert hauptsächlich aus den gegensätzlichen Anforderungen an die Organisation (Ambidextrie). Einerseits sollen Organisationen stabil und effizient in standardisierten Prozessen laufen (“run the business”), andererseits sich und ihr Umfeld ständig mit innovativen Durchbruchs-Ideen versorgen (“change the business”).
Um dieser Anforderungs-Ambivalenz gerecht zu werden und ein Unternehmen zukunftsfähig zu gestalten, ist ein ganzheitliches Agieren auf den drei Ebenen Strategie, Struktur und Führung/Kultur erforderlich (Stelzl et al., 2020; Úbeda-García et al., 2019).
Welche Organisationsstruktur kann hier helfen? Am weitesten verbreitet sind nach wie vor klassische Ansätze wie die Funktional- oder Matrixorganisation, jedoch mit bekannten Nachteilen wie Komplexität oder der Förderung von Silo-Denken. Im agilen Kontext haben sich hingegen Kreismodelle oder Spotify-Ansätze etabliert.
John P. Kotter, emeritierter Professor für Führungsmanagement an der Harvard Business School und international führender Vordenker für Leadership und Change Management, schlägt in einem Interview mit Brian Leavy, AIB-Professor für strategisches Management an der Dublin City University, Irland, hingegen das duale Betriebssystem als eine mögliche Lösung für die unterschiedlichen Anforderungen vor (2014).
Wie der Name „dual“ bereits sagt, handelt es sich um eine Organisationsstruktur, die zwei parallellaufende Betriebssysteme miteinander kombiniert. Dabei wird die klassische hierarchische Organisationsstruktur durch ein agiles Netzwerk von bestehenden Mitarbeitenden ergänzt. Die erste Komponente nennt Kotter “Management Driven Hierarchy”. Sie gewährleistet Stabilität, Effizienz und Kontrolle und damit den operativen Erfolg einer Organisation. Durch die Integration der zweiten Komponente, dem netzwerkbasierten System “Accelerator Network”, soll die Agilität und Innovationskraft der Organisation gefördert werden (Kotter, 2014).
Abbildung: Das etablierte hierarchische System wird durch eine netzwerkartige Struktur ergänzt, um Innovationen im Unternehmen voranzutreiben und strategische Veränderungen erfolgreich umzusetzen.
Literatur
Kotter, J. P. (2014). Accelerate: Building strategic agility for a faster-moving world. Harvard Business Review Press.
Leavy, B. (2014). Boldly leading with a dual operating network – John Kotter addresses some likely practitioner concerns. Strategy & Leadership, 42(6), 13–16. https://doi.org/10.1108/sl-10-2014-0073
Schindler, J., Kallmuenzer, A. & Valeri, M. (2023). Entrepreneurial culture and disruptive innovation in established firms – how to handle ambidexterity. Business Process Management Journal, 30(2), 366–387. https://doi.org/10.1108/bpmj-02-2023-0117
Stelzl, K., Röglinger, M. & Wyrtki, K. (2020). Building an ambidextrous organization: a maturity model for organizational ambidexterity. BuR – Business Research, 13(3), 1203–1230. https://doi.org/10.1007/s40685-020-00117-x
Úbeda-García, M., Claver-Cortés, E., Marco-Lajara, B. & Zaragoza-Sáez, P. (2020). Toward a dynamic construction of organizational ambidexterity: Exploring the synergies between structural differentiation, organizational context, and interorganizational relations. Journal Of Business Research, 112, 363–372. https://doi.org/10.1016/j.jbusres.2019.10.051