Viele Nullen, wenig Einsen – Digitaler Wissensumbau ist (k)ein Kinderspiel

Vielen wird das YouTube-Video bekannt sein, in dem ein Säugling versucht, eine Zeitschrift mit einem „swipe“ umzublättern. Digital natives tun sich eher mit statischen Formaten schwer, bewegen sich im digitalen Umfeld jedoch mit großer Sicherheit. Für digital beginners, die Vertreter der analogen Generationen, besteht eine enorme Herausforderung im Übergang in das digitale Zeitalter. Wie stellt sich diese Herausforderung für Unternehmen dar und was kann Personalarbeit für einen Wertbeitrag in der Phase des Wandels leisten?

Die Analysten von Gartner Inc. haben im Oktober 2015 ihre Interpretation der IT-Trends für das Jahr 2016 verkündet. Diese Top 10 der Themen für das aktuelle Kalenderjahr sind:

 

1. Netzwerk von Endgeräten
2. Ein kontinuierliches und andauerndes Nutzererlebnis
3. Neue Materialien für den 3D-Druck
4. Information of Everything – Alles nutzt und produziert Informationen
5. Erweiterte Lernfähigkeit von Maschinen
6. Autonome Assistenten und Dinge
7. Adaptive Sicherheitsarchitektur
8. Erweiterte Systemarchitekturen
9. Eine vernetzte App und Service Architektur
10. Plattformen für das Internet der Dinge

 

Ob sich all diese Trends in 2016 auch tatsächlich zeigen werden, bleibt abzuwarten. Aber ein grundsätzliches Verständnis für die damit verbundenen Inhalte erscheint aus unterschiedlichen Motiven heraus notwendig.

Die Zukunftsstudie 2014 des MÜNCHNER KREIS e.V. ist durch die Befragung von 517 Experten unterschiedlicher Branchenherkunft folgender Fragestellung nachgegangen: Ist die Digitalisierung die Achillesferse der Deutschen Wirtschaft? Dabei besteht die grundlegenden Erkenntnisse in der Notwendigkeit, neue Ausbildungsformen und -wege zu etablieren, bei Politik und staatliche Institutionen ein höheres Verständnis zu Fragestellungen der Digitalisierung zu schaffen, Medienkompetenz im Sinne eines bewussten und verantwortungsvollen Umgangs mit Daten zu steigern, Innovationen deutlich zu fördern und Veränderungsprozesse zu forcieren sowie Forschung zu fördern.

Die befragten Experten schätzen die Möglichkeit, aus dem Deutschen Wirtschaftsraum heraus die Transformation beeinflussen zu können, als eher gering ein. Die Hauptakteure werden eher bei großen Internetunternehmen oder der US-amerikanischen Wirtschaft gesehen. Doch wird deutlich reflektiert, dass die Fokussierung auf den Kundennutzen bis zum Jahr 2020 von höchster Bedeutung zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit ist. Gleich an zweiter Stelle folgt das Ermöglichen einer qualifizierten Ausbildung.

Frey/Osborne sind in ihrer Studie (Frey, C. & Osborne, M.A., 2013) zu dem Ergebnis gekommen, dass ca. 47 Prozent der Berufe in den USA im Verlauf der nächsten 20 Jahre automatisierbar sind. In der Übertragung der Studie von Frey/Osborne (2013) auf Deutschland, durchgeführt durch das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, wird der ursprünglichen These einer massiven Veränderung von Tätigkeitsbereichen menschlicher Arbeit deutlich widersprochen. Letztlich sind sich beide Ausarbeitungen im Grundsatz darüber einig, dass eine deutliche Steigerung der Automatisierung menschliche Arbeit bei Routinetätigkeiten, Berufsbilder und Anforderungen an Qualifikationen deutlich beeinflussen werden. Damit wird dem Gedanken einer grundlegenden Anpassung von Beschäftigung und Qualifikation an die Anforderungen der Digitalisierung gefolgt.

Als Zwischenfazit kann bisher festgestellt werden, dass die Veränderung von Tätigkeiten, das Vermitteln von „digital skills“ und die Sensibilisierung der gesamten Unternehmung sowie die Begleitung von Veränderungsprozessen zu den wichtigsten Aufgaben vieler Branchen und Marktteilnehmer gehört. Wer hätte noch vor Kurzem gedacht, dass ein Taxifahrer das Opfer der Digitalisierung sein kann. Uber hat es uns gelehrt.

Das Arbeitspapier „Digitalization of the economy and its impact on labour markets“ des european trade union insitute ETUI (Bonin, H., Gregory, T., Zierahn, U., 2014) beschreibt unter anderem, fokussiert auf die Fragestellung eines geänderten Umgangs mit Wissen und daraus resultierenden Veränderungen der Arbeitswelt, das Entstehen neuer dynamischer Beschäftigungsmodelle, neuer Führungsmodelle und dem Verschmelzen von Arbeits- und Privatleben.

So prognostiziert das Arbeitspapier eine Zunahme an freiberuflicher und selbständiger Arbeit. Darüber hinaus werden sich Führungssysteme auch derart verändern, dass Computersysteme wesentlich stärker in persönliche Freiheitsgrade von Mitarbeitern eingreifen und damit Führungsfunktionen übernehmen. Auch wird nach Wahrnehmung der Verfasser des Arbeitspapiers eine weitere Verwässerung von Freizeit und Arbeitszeit erfolgen.

Abschließendes Fazit: Alle bisher aufgeführten Erkenntnisse beschreiben einen wahrscheinlichen Zielzustand von Arbeit in der näheren Zukunft. Was bisher unbeantwortet bleibt, ist die Beschreibung des Weges hin zu diesem Zustand. Hier verortet sich für Personalarbeit einerseits die Notwendigkeit, Unternehmen bei der Transformation zu begleiten, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, und andererseits einen Veränderungsprozess unter Wahrung des humanistischen Menschenbildes zu unterstützen.

Quellen