Partizipation durch die Mitarbeiter schadet (nicht)

Häufig stehen Führungskräfte vor der Frage, wie die Motivation von Mitarbeitern aufrecht gehalten werden kann und welche Führungsintervention dazu am sinnvollsten ist. Meist steht jedoch nicht die Motivation an sich im Zentrum der Betrachtung, sondern der Wunsch nach mehr individueller Leistung, Produktivität und letztendlich einem besseren Organisationsergebnis. Was ist Führungskräften zu raten? Sollen sie ihren Mitarbeitern Ziele vorgeben oder sie intensiv am Entscheidungsprozess über die Zielarten und –qualitäten beteiligen?

In dieser Frage unterscheiden sich die beiden Grundformen von Zielsystemen dem „Goal Setting“ sowie „Management by Objectives“ (MBO) erheblich. Goal Setting bedeutet nach Locke (1968), dass sowohl die Schwierigkeit als auch die Messbarkeit eines Ziels im Wesentlichen die Motivation und damit die Leistung von Individuen beeinflussen. Schwierige und gut messbare Ziele sollen sich im Vergleich zu leichten und/oder schwer messbaren Zielen besonders positiv auf die Motivation und Leistung auswirken. Da davon ausgegangen wird, dass Partizipation bei der Zielsetzung und Zielerreichung eher unwichtig ist, sollen Ziele nach diesem Verständnis am besten direktiv vorgegeben werden. Beim MBO hingegen, ist ein gewisser Grad an Teilnahme der Mitarbeiter vorgesehen: Die Ziele werden gemeinsam diskutiert, dann vereinbart und über die monetären Anreize gemeinsam besprochen. Die Frage ist, was motiviert mehr?

Die ersten Kenntnisse über die Wirksamkeit von Partizipation und Zielvereinbarungen gehen in der Psychologie bereits in die 1960er Jahre zurück. Mitte der 80er Jahre erschienen dann zwei Meta-Analysen dazu. Die erste Arbeit von Guzzo, Jette und Katzell (1985) untersucht den Zusammenhang zwischen elf verschiedenen Interventionsprogrammen und Produktivität, darunter auch Goal Setting und MBOs. Die Ergebnisse zeigen, dass Goal Setting – neben Training – den stärksten Zusammenhang mit der Produktivität aufweist. Überraschenderweise haben MBOs von den elf Interventionsmaßnahmen den geringsten Zusammenhang, der bei Betrachtung verschiedener Produktivitätsmaße sogar verschwindet. Kern der zweiten Meta-Analyse von Tubbs (1986) ist, die Wirksamkeit von Goal Setting und Partizipation explizit zu untersuchen. Hier zeigen sich zunächst die starken Zusammenhänge zwischen Schwierigkeit/ Messbarkeit von Zielen und Produktivität (insbesondere bei der Vorgabe von anspruchsvollen Zielen). Dagegen zeigt Partizipation keine direkte Auswirkung auf die Produktivität und stützt damit die These, dass Partizipation selbst kein Garant für eine höhere Motivation oder Leistung ist. Diese Ergebnisse zeigen, dass Partizipation allein die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter nicht verbessern kann.

collage fin kl korrDies bedeutet jedoch nicht, dass Partizipation von Mitarbeitern an den Zielen nicht sinnvoll sein kann. Im Gegenteil: Die Beteiligung von Mitarbeitern an der Formulierung der Ziele ist wichtig, um das Commitment der Mitarbeiter an den gesetzten Zielen zu erhöhen. Außerdem kann Partizipation dabei helfen, die zu setzenden Ziele nicht zu schwer und vor allem nicht zu leicht zu formulieren. Interessanterweise wurde dieser Zusammenhang in den Studien nicht gefunden. Es scheint vielmehr der Fall zu sein, dass die Wirksamkeit von MBOs insgesamt kritisch gesehen wird: Wenn stets die gleichen Personen in die Zielvereinbarung, in die Messung der Zielerreichung und in die Verhandlung zur Höhe der monetären Vergütung involviert sind, dann können persönliche Beziehungen und Sichtweisen die Zielsetzung oder die Evaluation der Zielerreichung subjektiv beeinflussen. Möglicherweise werden bei MBOs dadurch oft zu einfache oder stets die gleichen Ziele miteinander vereinbart. Das kann der Grund dafür sein, dass in der Praxis viele mit Ihren Zielsystemen unzufrieden sind.

Quellen