Warum Pausen (in)effektiv sind

„Mach doch mal lieber eine Pause!“ – wie die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zeigen, stößt dieser Appell allzu häufig auf Ignoranz. Circa 17.000 deutsche Arbeitnehmer wurden hinsichtlich ihres Pausenverhaltens befragt. Über ein Viertel (26 %) der Befragten arbeitet pausenlos. Ein hauptsächliches Argument hierfür: zu viel Arbeit.

Im ersten Moment scheint dies plausibel. Wer immer mal wieder seine Arbeit unterbricht und sich eine Pause gönnt, schafft weniger als der Kollege, der durcharbeitet. Doch dass es sich hierbei genau umgekehrt verhält und regelmäßige Arbeitspausen eine eher positive Wirkung auf die Erholung und Produktivität haben, gilt aus wissenschaftlicher Sicht als gut belegt. Ergebnisse der Hirnforschung zeigen, dass der Zeitverlust durch eine eingelegte Pause im Nachhinein durch eine höhere Produktivität zumindest ausgeglichen und oft sogar überkompensiert wird.

Obgleich der ein oder andere „Durcharbeiter“ oder „Pausen-Verweigerer“ diese Erkenntnis noch nicht verinnerlicht hat, ist diese für sich genommen nicht neu.

Doch stimmt das immer? Sind Pausen per se erholsam? Oder wirken sich Pausen unterschiedlich gut oder schlecht auf die eigene Erholung aus?

Mit diesen Fragestellungen hinsichtlich der Qualität von Pausen setzten sich die Psychologinnen E. Hunter und C. Wu der Baylor University Texas (2015) auseinander. Sie ließen 95 Verwaltungsangestellte fünf Tage lang nach Pausen einen Onlinefragebogen ausfüllen. Insgesamt kamen so 959 Pausenprotokolle zusammen. Darin wurden Merkmale der Pause angegeben: wie anstrengend und interessant sie war, wann sie genommen wurde und wie lange sie dauerte. Außerdem fragten die Forscherinnen drei „Ressourcen“ ab: „Wie hoch ist ihre augenblickliche Energie, Motivation und Konzentration?“ Darüber hinaus wurde nach fünf Schmerzarten befragt: Kopf-, Augen-, Rücken-, Muskel- und Armschmerzen. Schließlich füllten die Teilnehmer nach den fünf Tagen einen Abschlussfragebogen zu Ausgelaugtheit, Arbeitszufriedenheit und Arbeitsengagement aus. Ihre Ergebnisse brachten nicht nur einige Überraschungen, sie gaben auch wertvolle Hinweise darauf, wie Arbeitspausen optimiert werden können.

In Bezug auf die optimale Pausenzeit fanden die Forscherinnen folgendes heraus: Je mehr Stunden seit dem Arbeitsbeginn bis zur ersten Pause vergingen, desto eher klagten die Teilnehmer über generelle Erschöpfung und andere Symptome schlechter Gesundheit. Darüber hinaus fühlten sich Teilnehmer mit mehreren kürzeren Pausen insgesamt besser und energiegeladener als ihre Kollegen mit weniger längeren Pausen. Das interessanteste Ergebnis zeigte sich jedoch in Bezug auf die Pausengestaltung und steht konträr zur landläufigen Meinung, dass Pauseninhalte vor allem ablenken und deshalb möglichst wenig mit der Arbeit zu tun haben sollten: ihren Ergebnissen zufolge ist es irrelevant, womit Pausen verbracht werden. Vielmehr zeigten sie, dass es einzig und allein darauf ankomme, wie gerne und freiwillig die Pausenbeschäftigungen sind. Ein kurzer Plausch mit den Kollegen über ein laufendes Projekt kann demzufolge durchaus erholsamer sein als ein vom Chef empfohlener Spaziergang um den Block.

Dass es für Arbeitnehmer wichtig ist, die Pausenaktivitäten bewusst zu gestalten, belegen auch aktuelle Forschungsergebnisse der deutschen Studiengruppe an der Rheinischen Fachhochschule Köln sowie der HU Berlin (D. Putz & T. Scheel, 2015).

Hier beschäftigten sich die Forscher mit der Fragestellung, inwiefern Lachen mit Kollegen vor negativen Folgen von Zeitdruck schützen kann. Für ihre Studie erhoben sie Selbsteinschätzungen von 170 Mitarbeiterinnen aus vier Einzelhandelsfilialen. Ihre Ergebnisse zeigen, dass der Erholungseffekt von Pausen maßgeblich durch eine (für den Arbeitsnehmer) angenehme Aktivität gesteigert wird: Wenn Kollegen mindestens zweimal täglich gemeinsam lachen, verschwindet der Zusammenhang von Zeitdruck und affektiver Irritation.

Wenn jedoch vor allem die Freiwilligkeit und bewusste Gestaltung von Pausen zur Erholung beiträgt, welche Implikationen hat dies auf diejenigen Mitarbeiter, die sich bewusst gegen Pausen entscheiden? Gibt es auch andere Möglichkeiten, sich während der Arbeit zu erholen?

Mit dieser Fragestellung setzten sich die Forscherinnen S. Ohly und A. Görlitz an der Universität Kassel bzw. der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (2015) auseinander. In ihrer Studie untersuchten sie, inwiefern routinierte Arbeitstätigkeiten die gleiche Funktion wie Pausen erfüllen können. Der Zusammenhang von Routinen in der Aufgabenbearbeitung und aktuellem affektiven Erleben wurde in einer Experienced Sampling-Studie mit 32 Teilnehmern überprüft. Bei dieser Methode tragen die Probanden einen Signalgeber bei sich, der sie mehrmals am Tag und in unregelmäßigen Abständen durch ein Signal dazu auffordert, ihren aktuellen Zustand auf mitgeführten Skalen einzuschätzen. Die Ergebnisse wurden anschließend in einer Tagebuchstudie mit 325 Teilnehmern validiert. Dabei wurden u.a. intrinsische Aufgabenmotivation, Handlungsspielraum und Arbeitskomplexität kontrolliert.

Die Ergebnisse zeigen, dass Routinen in der Aufgabenerarbeitung mit gleichzeitig niedrigerem negativen aktivierten Affekt sowie späterem erhöhten positiven aktivierten Affekt zusammenhängen. Diese Studie zeigte erstmals, dass kognitiv wenig anstrengende Aufgaben zum affektiven Wohlbefinden beitragen, ähnlich wie es Kurzpausen tun.

Obgleich sich die zitierten Studien nicht explizit mit der Produktivität der Arbeitnehmer, sondern „nur“ mit dem eigenen Wohlbefinden auseinandersetzen, lohnt es sich vielleicht, neben der Zeit zwischen den Pausen auch die Pausen selbst bewusst zu gestalten.

Überlegen Sie sich beim nächsten Mal, was für Sie erholsam ist. Und fühlt es sich für Sie gerade besser an, anstehende Routinetätigkeiten abzuarbeiten, werden Ihre Kollegen Ihnen dies schon verzeihen!

Quellen